Gerhard Schulze
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Gerhard Schulze

Wie sieht für Sie die ideale Gesellschaft aus?

Es gibt für mich keine beschreibbare ideale Gesell-schaft. Die ideale Gesellschaft ist zum Lernen bereit. Sie orientiert sich immer wieder an neuen Hori-zonten.


Wollen Sie die Gesellschaft verändern?

Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich will sie nicht verändern. Es ist doch so, dass man dadurch, dass man ein Deutungsangebot erarbeitet, auch Wirkungen bei anderen zu erzeugen wünscht. Und damit hoffe ich, die Gesellschaft zu verändern, obwohl ich für mich selbst keine detaillierte Utopie definiert habe und anderen keine Ziele vorgeben will - die müssen sie selbst abstecken.


Wie sieht die Gesellschaft von morgen aus?

Ich habe keine Vision in Form einer "Ewigen Stadt", in Form einer "Vollendung der Geschichte" oder in Form eines "zu sich selbst kommenden Weltgeistes". Ich sehe uns auf einer ewigen Wanderschaft, bei der wir immer wieder die selben Probleme zu lösen haben werden. Es gibt drei Aufgaben, die im Laufe unserer Geschichte ständig neu auf uns zukommen. Wir müssen uns erstens die Bedingungen erarbeiten, überhaupt leben zu können, uns also einen Möglichkeitsraum schaffen. Wir müssen zweitens unser Zusammenleben in diesem Möglichkeitsraum organisieren und drittens zu gelingenden Formen der Orientierung kommen. Allgemein gesehen blei-ben die drei Hauptprobleme immer gleich. Weil wir uns mit unseren Lösungs-versuchen aber ständig in neue Horizonte hineinkatapultieren, kann es keine dauerhafte Lösung geben. Meine Erwartung ist, dass sich die Rangordnung der Probleme verschieben wird. Nachdem sich in den letzten 200 Jahren immer stärker das Thema des Möglichkeitsraums in den Vordergrund geschoben hat, wird nun eine Zeit kommen, in der Fragen des Zusammenlebens und der Orientierung im Mittel-punkt stehen.

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