Ulrich Beck
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Ulrich Beck

Wie sieht für Sie die ideale Gesellschaft aus?

Ich kenne keine ideale Gesellschaft. Aber es gibt einige unverzichtbare Prinzipien: Schutz gegen will-kürliche Verhaftung und Verfolgung - also Grund-rechte - eine materielle Basissicherung, ein Dach über dem Kopf und eine Zukunftsperspektive.


Wollen Sie die Gesellschaft verändern?

Ja. Solange man davon ausgehen konnte, dass das vorhandene Institutionensystem trägt, war es nicht notwendig, über andere Institutionen nachzudenken. In einer Phase, die ich als "Zweite Moderne" bezeichne, muss die Soziologie, ohne ihre Neutralität aufzugeben, einen Beitrag zum Aufbau möglicher neuer Institutionen leisten. Das ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Gesellschaft anfängt, über grundlegende Reformen nachzudenken, und dass darüber in allen gesellschaftlichen Handlungsfeldern Konflikte entstehen. Ich habe Vorschläge am Beispiel der Bürgerarbeit unterbreitet.


Wie sieht die Gesellschaft von morgen aus?

Das kann niemand sagen. Aber wir werden mit weniger Arbeit mehr materiellen Reichtum erzeugen. Das heißt wir müssen aus dem Elend des Arbeitsmangels die Konturen einer neuen Gesellschaft entwickeln, in der ein Recht auf diskontinuierliche Erwerbsarbeit neue Freiheitsräume für Selbstarbeit, Muße, politische Beteiligung, Familienarbeit für alle - also auch Männer - eröffnet. Andere Probleme sind zu lösen: Antworten auf ökologische Krisen sind durchzusetzen und angesichts von Individualisierung kollektiv bindende politische Entscheidungen zu ermöglichen. Ob das alles gelingt? Jedenfalls stehen wir vor der Alternative: Verfall oder politische Erneuerung. Wahrscheinlich erleben wir beides zugleich.

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