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Der Drachen ohne Schnur

Auszug: Coburger Tagblatt, 6. Oktober 2006

von Jochen Nützel

Bücher, die Lust auf Leben machen, entstehen nicht selten vor dem Hintergrund des Verlusts. Bei Armin Pongs jedenfalls ist es so gewesen. Der Münchner Schriftsteller hatte vor vier Jahren den Krebs-Tod seiner geliebten Frau zu verkraften. Dieses einschneidende Ereignis schwingt mit – in und zwischen den Zeilen seines neuen Buchs „Der Drachen ohne Schnur“. Wie der Vorgängerband „Die Welt in meinen Augen“ versammelt es Reisegeschichten – aber nicht irgendwelche: Es sind sehr persönliche Begegnungen mit Menschen und Orten, die Pongs Leben prägten und prägen. Eine Liebesgeschichte in Istanbul, eine besondere Totenfeier in Mexiko, eine Wiedergeburt in London; alles gefasst in eine wunderbar klare Sprache und trotz der privaten Betroffenheit weitab jeglicher Betroffenheitsprosa. Das Auf und Ab des Lebens, seines Lebens, erklärt den Titel des Buches. Denn wie der Drache ohne Schnur, so ist auch der Mensch ohne Bodenhaftung dem Spiel der Naturgewalten ausgeliefert.

Auszug: Neuss-Grevenbroicher Zeitung, 21. Oktober 2006

von Monika Götz

Armin Pongs benutzt die Eigenschaft des Windes, das Wechselhafte und Unvorhersehbare, um einen Vergleich mit Lebensabläufen zu definieren. Als Fazit aus dieser Betrachtung entstand der Titel für sein neues Buch. "Der Drachen ohne Schnur" enthält sieben Geschichten, die einen autobiographisch ungewöhnlich gehaltvollen Hintergrund haben. (...) Eingebettet in ein unkompliziertes Krankheitsbild seines Bruders, dem er mit dem Erzählen von Geschichten die Zeit vertreibt, wird der Leser an unterschiedliche Schauplätze geführt. Sie alle sind Armin Pongs präsent und sind mit dem Auf und Ab seines bisherigen Lebensweges verbunden. Denn dieser war sehr bewegt. Schon als Achtundzwanzigjähriger musste er selbst gegen eine Krebserkrankung ankämpfen. Seine Frau Ethel verlor diesen Kampf, starb 2002. "Ich habe nur langsam ein neues Lebensgefühl finden können", schreibt er im Vorwort. Und er gesteht auch, dass es ihm nicht leicht fiel, die Erinnerungen zu Papier zu bringen. Doch die Leserschaft muss dankbar sein, dass ihm dies gelungen ist. Wer sich in "Lebenselexier aus London" oder "Ein Schmetterling aus Matamoros" vertieft, fühlt sich den Geschehnissen sehr nah. Armin Pongs erzählt in klarer Sprache, die auf feinfühlige Einsichten und relevante Details nicht verzichtet. Als berührend werden die Erlebnisse mit seiner Frau empfunden. Es ist die Hommage an eine Liebe, bereichert durch gelebte Leichtigkeit. Später bekennt der Autor: "Ohne sie hat mein Leben keinen Rhythmus". Diesen hat er in seinen Geschichten wieder gefunden, schmückt sie mit Schwingungen, die ihm von ihm verehrten Schmetterling alle Ehre machen. Spannend, farbig und voller lebendiger Wahrnehmungen lesen sich die Reisebeschreibungen, die auch nach Burma oder in die Türkei führen. (...)

Auszug: St. Galler Tagblatt, 23. November 2006

von Eva Bachmann

In "Tausendundeiner Nacht" wird jede Nacht ein Märchen erzählt, um den Tod hinauszuschieben. Ganz ähnlich hält es Armin Pongs in "Der Drachen ohne Schnur" bei seinem Bruder, der krank im Bett liegt, so krank, dass er nicht einmal mehr lesen kann. Allerdings dauert es nur sieben Tage bis zur Genesung. Pongs' Geschichten erzählen von seinen Reisen, den Landschaften und den Menschen, die er dort angetroffen hat. Er fährt mit dem Velo durch die Türkei, per Anhalter nach Berlin oder mit dem Boot zum Buddha nach Bagan in Burma. Armin Pongs lebt in München, ist Verleger, Autor und Journalist – wie und wann er sich zur Selbständigkeit entschieden hat, erfährt man in einer der Geschichten – und seine Reisen sind zunächst einmal zwecklos. Er fährt los und lässt sich im wahrsten Sinn des Wortes beeindrucken. Dabei lernt er Menschen und ihre Lebensarten kennen, sieht Landschaften und immer wieder Schmetterlinge, und er macht Lebens-Erfahrungen, verarbeitet den viel zu frühen Tod seiner Frau. Davon erzählt dieses Buch auf sehr persönliche Weise. Ein steter Begleiter auf seinen Reisen ist auch die Kamera. Und so ist dieses Buch mit einzigartigen Fotos illustriert. Farbenspiele von Landschaften wechseln sich ab mit Stadtszenen, spielenden Kindern und besonders schön: die Zigarren rauchende alte Burmesin.

Auszug: Der Landbote, 9. Dezember 2006

von Marion Eberhard

Er steht für das Risiko der Freiheit: Der Papierdrachen ohne Schnur. Papierdrachen können fliegen, nur eine dünne Schnur verhindert, dass sie der Wind davon trägt. Dies ist das Thema von Armin Pongs jüngsten Erzählungen: das Leben zwischen Freiheit und schutzlosem Ausgeliefertsein. (...) Pongs Reisen sind sowohl geografische Exkursionen wie auch Expeditionen ins Innere. Den Rahmen für die Geschichten bildet eine Woche, sieben Tage, die der Bruder des Autors zu Besuch ist. Um den Bruder zu unterhalten, der mit Grippe das Bett hüten muss, erzählt Pongs von Begebenheiten seiner Reisen. Jeden Tag eine andere Geschichte – aus der Türkei, Ecuador, England, Deutschland, Mexiko, Spanien und Myanmar. Neben dem Persönlichen, welches seine Reiseerzählungen prägt, bleibt Armin Pongs immer auch politisch. In seinen Begegnungen mit Menschen anderer Kulturen oder Länder sucht er stets das Gespräch über die Auswirkungen der Globalisierung – sie ist das Forschungsgebiet des Autors. Dennoch: «Der Drachen ohne Schnur» ist kein politisches Buch im engeren Sinn. Denn es geht Pongs nicht um Theorien, sondern darum, wie diese sich verändernde Welt unser Leben beeinflusst. Die eindringlichen Erzählungen empfiehlt der Autor all jenen, welche sich «nicht mehr nur in den stürmischen Herbstwinden, sondern in den rauhen Winden des Turbokapitalismus wie ein Drache ohne Schnur vorkommen». Trotz eigener Gedanken zum Weltgeschehen, assoziativ eingeflochten, schafft er es, mit seinen Erzählungen Atmosphäre zu erzeugen, einen eintauchen zu lassen in ganz unterschiedliche Stimmungen. Es ist ein autobiografisches Buch, welches den 38-jährigen Münchner Autor, Fotografen und Journalisten zeigt. Auf 192 Seiten erinnert sich Armin Pongs an Zeiten der Sehnsucht, Trauer und Leidenschaft, an Zeiten voller Mut und an solche, die von Mutlosigkeit geprägt sind. Indem er sich erinnert, lässt der Autor einen immer wieder nahe an sich heran kommen. Seine Reiseerzählungen sind anrührend und geben Einblick in eine sehr persönliche Sicht der Dinge. Pongs verzichtet auf grosse Worte, arbeitet mit Assoziationen und Fragmenten. In kurzen Sätzen und einfacher Sprache schildert er, beschreibt, manchmal äussert detailgetreu, dann wieder assoziativ und verkürzt. Neben der sachlich nüchternen Schilderung lässt sich Pongs auch aufs Träumerische und Romantische ein. Nie aber gleitet er in Melancholie ab; auch nicht bei der Schilderung seines eigenen früheren Krebsleidens oder als dieselbe Krankheit ihm seine Ehefrau nimmt. «Der Drachen ohne Schnur» ist ein Spiel mit Nähe und Distanz. Vieles bleibt angedeutet. Die Spannung zwischen liebevoller Detailschilderung, persönlichen Eindrücken und großen Zusammenhängen, zwischen sinnlicher Wahrnehmung und rationaler Schilderung verhindert das Pathos. Armin Pongs hat seine Erzählungen mit 30 eindrücklichen und berührenden Fotografien versehen. So führen Wort und Bild, jedes in seiner eigenen Sprache, durch Reiseetappen in andere (Lebens-)Welten.

Auszug: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. Januar 2007

von Freddy

Der Münchener Autor und Verleger Armin Pongs berichtet in sieben Reiseskizzen aus Europa, Lateinamerika und Südostasien weniger von den gängigen Kristallisationspunkten der Touristenströme als von inneren Sehnsuchtsorten. Die Reiserouten und in einem angenehm entschleunigten Rhythmus sich vorantastenden Erzählstränge orientieren sich an persönlichen Schicksalsschlägen, wenn er etwa auf den Spuren der Vergangenheit die Heimat seiner an Krebs verstorbenen mexikanischen Frau in Matamoros aufsucht oder wenn er bei einer Pauschalreise mit einem Jugendfreund auf Teneriffa erkennen muss, dass man sich in Prozessen des Erwachsenwerdens wie Karrierestreben oder Familiengründung auseinandergelebt hat. Während die Einsamkeit als Reisebegleiter zwischen den Zeilen latent präsent zu sein scheint und sich die Schicksalsfäden von Abschied, Trennung und Tod in immer neuen Variationen verweben, handelt das Buch aber zugleich von privaten und gesamtgesellschaftlichen Neuanfängen, von Selbstfindung und "innerer Einheit". Während die Nachwendeerzählung "Per Anhalter nach Berlin" in ihrem etwas verschnarchten Charme die misslungenen Sichtungsversuche von blühenden Landschaften, die Kritik hoher Arbeitslosenzahlen und das Berlinbild von der "Gesellschaft als Baustelle" überzeugend herüberbringt, wirkt die Erzählung "Lebenselixier aus London" mit dem hier als Erleuchtungsmoment und ultimativen Wegweiser aus der Misere geschilderten Entschluss, sich selbständig zu machen, doch etwas euphorisch überdreht. Auch auf allzu gängige Freiheitsmotive wie Schmetterlinge und Papierdrachen hätte Pongs in seinem ansonsten von meditativen Gedankengängen lebenden und die Idee der Lebensreise überzeugend illustrierenden Buch verzichten können. Die Erzählungen münden schließlich in den unprätentiösen Bericht eines Klosteraufenthalts in Burma, der im Leidenstopos des Lebens oder im Motiv der Flüchtigkeit menschlicher Schritte die vorangegangenen Episoden gewissermaßen reisephilosophisch resümiert.

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